Martina Müllner-Seybold ist ist die Chefredakteurin des Modefachmagazins style-in-progess und außerdem Inhaberin einer Kommunikations- und Contentagentur in Salzburg. Martina ist verheiratet und Mutter zweier Töchter. Nach Ihrer Ausbildung zur Modejournalistin in Mailand hat sie schon in vielen Städten gelebt. Ihrer Heimatstadt Salzburg hält die 37-jährige bis heute mit einem Bein die Treue.
Glamometer: Wie lange leben Sie schon in Salzburg?
Ich bin in Salzburg geboren. Man könnte sagen ich führe eine On-Off-Beziehung mit der Stadt ich reise aber sehr viel Mailand,
Hamburg, Berlin, aktuell Regensburg – Salzburg ist eine Liebe, aber eben nicht die einzige.
Wie wohnen Sie?
Wir wohnen im schönen Andräviertel, das 1998, als ich dahin gezogen bin, nur unter dem Namen „Glasscherbenviertel“ bekannt war. Früher hat man bei dem Bäcker Ursprunger, (Lärchenstrasse 58), die besten Salzstangerl, aber nur bis 13 Uhr) jeden morgen 15 Minuten, das lag daran das die Rentnerinnen in der Schlange vor einem wissen wollten, ob die Semmeln heute besonders weich, resch oder sonstwie sind. Jetzt braucht man immer noch 15 Minuten, weil die Hipster vor einem wissen wollen, ob die Semmeln glutenfrei, vegan oder ökologisch wertvoll sind. Im Andräviertel sitzen auch viele Modeagenturen, es gibt schönen Altbau und ich habe es nach vielen Umzügen des Büros geschafft, dass nun Wohnung und Büro in den Nachbarhäusern liegen. Endlich!
Drei Adjektive mit denen Sie ihre Stadt am besten beschreiben?
klein – groß – privat
Was lieben Sie am allermeisten in ihrer Stadt?
Am meisten liebe ich den Sommer. Wegen der Festspiele kommen viele elegante Gäste aus aller Welt zu Besuch. Abends sitzt man dann in einem Gastgarten und es schweben Paare in Frack und großer Robe an Dir vorbei – einfach unbezahlbar.
Beschreiben Sie den Menschenschlag der ihre Stadt auszeichnet?
Veränderung ist nicht unbedingt Programm. Aber genau das ist das Schöne. Man kann nach Wochen, Monaten, Jahren aus dem Ausland zurückkommen und alles ist beim Alten. Herrlich für eine Homebase! Die Salzburger halten gerne die Fassaden hoch. Denkmalschutz ist nicht nur im Stadtbild wichtig – auch die Menschen hier geben alles, dass ihr Denkmal ein Standbild bleibt.
Was mögen Sie garnicht an ihrer Stadt?
Es gibt sehr viel Intoleranz all den jenigen gegenüber, die auf dem teuren Salzburger Parkett eben nicht tanzen können. So etwas stößt bei mir nicht gerade auf Begeisterung
Ihre 3 Lieblings Boutiquen in Salzburg?
Dantendorfer (Getreidegasse 33) da kaufe ich die Entdeckungen von Roy Dantendorfer, einem Mode-Händler, der wie kein anderer Nischenlabels und Geheimtipps findet. Er hat ein Händchen für Qualität und das schätze ich sehr.
DIVA by Makole (Sigmund-Haffner-Gasse 5) die sind total bekannt für Ihre First Lines, hat jetzt aber im Contemporary Segment toll aufgestockt. Ganni, N 21, Victoria Victoria Beckham etc.
Young Rebels (Rupertgasse 6) ein cooler Kindermodeladen im Andräviertel, New Balance, Stone Island, Diesel und viele tolle Mädchenmarken.
Ihre 3 Lieblings Restaurants?
Ein Geheimtipp (macht mir da jetzt bloß keinen Hipster-Ort draus!) ist der Weiserhof (Weißenhof Strasse 4) gleich hinterm Bahnhof. Die beste Wirtshausküche der Stadt, ein ganz normales Publikum, viele Stammgäste, herrlich im Sommer. Das Beste: Der Weiserhof wird ab April von Julia Grösslinger von Meat & Eat (Franz-Josef Strasse 19 geführt, ein liebenswerter Neuzugang im Andräviertel, eine Mischung aus Bistro und Metzger, sehr ehrlich, sehr gute Take-Away-Basics wie Rindsuppe, Gulasch und Co. Und wer sich für sein Schnitzel ein bisschen aufbrezeln will – insbesondere während der Festspiele, der soll in die Blaue Gans (Herbert-von-Karajan Platz 3) gehen. Eine herrliche Mischung aus Salzburgern und internationalen Gästen und wirklich gutes Essen. Übrigens auch der Tipp für Salzburger Nockerl – Carb Coma vorprogrammiert.
Cafés und Frühstück? Welche Spots können Sie empfehlen?
Ein Salzburg-Besuch ohne Kaffee im Café Bazar (Schwarz Strasse 3) ? No way! Hier ist Salzburg Salzburg. Die Bürger speisen kuriose Dinge wie Würstleierspeis, die Cremeschnitten sind meine süße Sünde – ich gehe hier auch gerne zum Mittagessen hin. Sehen und gesehen werden. Dresscode? Als hätten Sie vorm Café Bazar ihr Pferd angebunden. Landadel meets Stadtbürger. Kulinarisch allererste Liga ist das Frühstück im Glüxfall (Franz-Josef-Kai 11) ein ehemaliger Sternekoch und Familie betreiben es. Super im Sommer im Innenhof.
Pre- oder After-Shopping
Am Samstag lässt man das Frühstück einfach ausfallen und isst stattdessen am Grünmarkt am (Universitätsplat) Würstel. Ob es gleich eine Käsekrainer sein muss? Meinen Lieblingswürstelstand erkenne ich daran, dass er das Gebäck der Bäckerei Ursprunger (Auersperg Strasse 53) verkauft.
Welche lokalen „Ketten“ können Sie uns empfehlen, die sich auf Health Food spezialisiert haben?
The Green Garden (Nonntaler Haupt Strasse 16) im sehr hübschen Stadtteil Nonntal – das ganze Programm, das man eigentlich nur aus internationalen Metropolen kennt. Das beste: Liefer- und Partyservice.
Friseur?
Mein Friseur heißt Wolfgang Lüftner (Auersperg Strasse 45). Ich liebe ihn, weil man bei ihm selbst mit einer Ansage wie „einmal Spitzen schneiden bitte“ mit einem anständigen Haarschnitt rauskommt.
Fitness?
Vertrauen Sie Salzburgs Fitness-Königin Conny Hörl (Alpen Strasse 95-97) und ihrem Imperium aus Vita Clubs und MyGym. Ich schätze ihre Ernährungsberatung sehr, sie ist einfach klasse.
Day Spa?
Am besten vor den Toren Salzburgs, im Gmachl Elixhausen (Dorf Strasse 35). Ein Wellness-Himmel, der sich auch Tagesgästen in limitierter Zahl öffnet und trotzdem es ein Hotel ist, durchgängig allerbeste Kosmetik- und Massage Qualität bietet.
Beauty?
Meine Kosmetikerin ist heute eine liebe Freundin. Sie betreibt das Kosmetik Studio Wolke (Auersperg Strasse 10) und ist (m)eine Instanz. Sie changiert mühelos zwischen Klangschalen und hawaiianischer Lomi-Lomi-Massage, die sie auf Hawaii erlernte. Und sie benutzt absolute Luxusprodukten in der Kosmetik. Für ihre ganzheitliche Sicht der Dinge liebe ich sie genau wie für ihre stundenlangen Verwöhn-Termine und die tollen Gespräche.
Bar/Club/Nightlife?
Ihr Lieben?! Das ist Salzburg! Erwartet euch einfach keine Partynächte. Geht gepflegt im Köchelverzeichnis (Steingasse 27), Fridrich (Steingasse 15) oder Magazin(Augustinergasse 13) ein Glas Rotwein trinken, esst was schönes und freut Euch, dass Ihr morgen fit seid. Ja es gibt Party-Adressen…herrliche Alternative, besonders während der Festpielzeit: In den Hotelbars von Hotelbars von Hotel Stein (Giselakai 3), Blaue Gans (Herbert-von-Karajan-Platz 5), Hotel Sacher (Schwarz Strasse 5-7), Hotel Bristol (Marktplatz 4) einen gepflegten Cocktail trinken. Da schwebt das Paar von vorhin in Frack und Abendrobe dann auch irgendwann ein. Im besten Fall lernen Sie interessante Kunst- und Kulturliebhaber aus aller Welt kennen, im schlechtesten Funkeln neben Ihnen wenigsten echte Diamanten- und nicht billiger Disco Glitzer.
Spezialitäten Shopping?
Eine absolute Ausnahmepersönlichkeit -mitunter auch etwas streitbar- ist der Juwelier Gerhard Lährm (Universitätsplatz 5) mit mehreren Geschäften in der Altstadt. Er findet, eine Frau sei der einzig zulässige Schmuck eines Mannes, folglich müsse er sie „schmücken wie einen Christbaum“ und nach dieser Maxime entwirft er auch. Ich wiederhole mich, aber Besonders zur Festspielzeit mündet das in Vitrinen voller Entwürfe, die einem den Atem rauben. Ich bin absolut kein Schmuckfan, aber bei Lährm drücke ich mir die Nase am Schaufenster platt. So inspirierend!
Kulturelle Hotspots?
Mozartwoche, Osterfestspiele, Pfingstfestspiele, Sommerfestspiele und Jazz & the City. Das sind die Zyklen, nach denen der Salzburger Kulturfreund lebt. Dazwischen? Empfiehlt sich, wie in meinem Fall, eine zweite Städte-Liebe. Natürlich hat Salzburg begnadete Galeristin wie zum Beispiel den famosen Thaddaeus Ropac (Mirabellplatz 2) oder das Museum der Moderne (Wiener-Philamoniker Gasse 9) am Mönchsberg. Aber auch deren Uhr tickt nach dem Prinzip, wann Glanz, Glitzer und Gloria in der Stadt sind. Anders ist das für Kinder: Die haben mit dem Spielzeugmuseum (Bürgerspitalgasse 2) und dem Haus der Natur (Museumsplatz 5) und ganz vielen süssen Dingen wie den Kinderfestspielen ganzjährig Gaudium.
Welches ist ihr Lieblingsplatz in der Stadt und warum?
Ein Lieblingsort ist der Furtwänglerpark gegenüber des Festspielhauses, da hat die Salzburg Foundation die barocke Idylle mit Werken von Anselm Kiefer und Erwin Wurm unterbrochen. Überlebensgrosse Gurken an diesen prominenten Platz erregen den Salzburger ja dann doch eine Weile. Herrlich, dass sie trotzdem da sind.
Was ist das typische Weekend Programm in ihrer Stadt?
Samstag Stadtbummel mit Besuch des Grünmarkts (Universitätsplatz), den Nachmittag am liebsten im Mirabellpark (Mirabellplatz 3) vertrödeln. Doch stimmt, da war ja noch was.: Bei Salzburger Schnürlegen geht das natürlich nicht. Da ist Cocooning pur angesagt.
Wie sieht ein idealer Hochsommertag aus?
Raus aus der Stadt, an den See. Zur Auswahl stehen genügend Kleinode, meine Favoriten sind der Mattsee (Elektroboot mieten und unzugängliche Badebuchten entern) und der Fuschlsee. Wer „drinnen“ bleiben muss, sucht sich einen schattigen Gastgarten oder fährt in den Hellbrunner Park (Fürstenweg 37)
Wie sieht ein romantischer Wintertag aus?
Ein Spaziergang über einen der Salzburger Stadtberge – ich mag am liebsten Mönchsberg. Bester Blick auf Salzburg.
Die „Uniform“ der Frauen in Ihrer Stadt?
Salzburgerinnen sind immer wie aus dem Ei gepellt. Samstag früh wird bei den Stadtfriseuren geföhnt, was das Zeug hält. Out-of-Bed have Fun und ab ins Café? Falsche Stadt. Ein Muss: Ordentliches Make-Up, Schmuck, Accessoires, eine tolle Handtasche. Der typische Salzburger Look ist nur vermeintlich konservativ. Klar, die Salzburger legen grossen Wert auf Marke und bleibende Eleganz, aber Händler wie Dantendorfer jubeln ihren Kundinnen dann wieder so innovative Dinge unter, dass es Spass macht. Da darf der Trench dann auch mal Fuchsia oder Grasgrün sein. Mit rosafarbenen Breitcord-Hosen, die weit über dem Knöchel enden, wird auch die marineblaue Steppjacke cool. Und wir sprechen jetzt von den Männern, Bitteschön!
Männer!!! Welche Männer trifft man in ihrer Stadt besonders häufig? Typisches Dating Schema?
Der Salzburger ist wenig initiativ und klüngelt gerne. Er ist es gewohnt, dass er an immer den gleichen Spots immer die gleiche Person trifft, braucht er ja auch nicht beim ersten Treffen in die Vollen gehen. Nächsten Samstag ist die Auserwählte wieder da. Und wenn nicht da, dann in der anderen Bar, die für ihre Clique in Frage kommt. Das hat Dating in dieser Stadt sehr zäh gemacht, ich habe immer wieder schallend gelacht, wenn mich Expads befragt haben, warum man hier gleich als rüde wahrgenommen wird, wenn man in die Offensive geht. Aber das war Dating Pre-Tinder. Ich bin raus. Meine Liebe habe ich übrigens in einer anderen Stadt gefunden. Das wundert jetzt wenig, oder?
Unten: Martina Müllner-Seybold