Von der Modehauptstadt Paris nach Kirchanschöring, der Lederhosenmetropole in Bayern, sind es Luftlinie etwa 780 Kilometer, doch dazwischen liegen Welten.
In der vornehmen Avenue George V., dem Sitz des ultraangesagten Französischen Mode-Labels Balenciaga, regiert Kreativ Chef Denma Gvasalia sein Imperium der Hippness. Gvasalia ist der neue Guru der internationalen Fashionistas. Geboren in Georgien, aufgewachsen in Düsseldorf, ausgebildet in Antwerpen, gehört Gvasalia zu den jungen Globalisierungsgewinnern, zu der umtriebigen Generation Y, die mit Internet aber ohne geographische Grenzen aufgewachsen sind. Schnelllebige Weltenbummler, Weltbürger, „Urbane Nomaden“ nennt die Werbeindustrie solche Cosmopoliten.
Jedoch: ein Baum ohne Wurzeln…. hält keinem Sturm stand. Die Skepsis jedenfalls nimmt zu, dass die Internationalisierung den Einzelnen gelegentlich überfordert. World Wide Web, Milliarden Menschen, Milliarden Informationen, wo ist der Anker?
„Es gibt einen neuen, seriös informierten Kunden“, sagt Markus Meindl von der Lederbekleidungsfirma Meindl – die mit den weltberühmten Trachtenlederhosen, Sitz in Kirschanschöring bei Traunstein. „Diese Kunden wollen wissen, wo ihr Fleisch herkommt, wie die Tiere aufgewachsen und schätzen ehrliche, nachvollziehbare Qualität, für die sie dann gerne ein bißchen mehr ausgeben. Die kaufen ihre Kleidung auch nicht aus Dritt- oder Viertländern mit unbekannter Herkunft.“
Gemüse aus der Region, Brot vom heimischen Bäcker, solides Handwerk, Nachhaltigkeit, Herkunft, das alles hat wieder Konjunktur.
Meindl ist ein florierender Familienbetrieb in 11.Generation, wer sich dort eine handgefertigte Lederhose aus gesämten Hirschleder leistet (ab 1000 Euro), kauft dazu auch gelebte, echte bayerische Tradition. Und natürlich ein unverwüstliches Erb-Stück, dass der Vater seinem Sohn hinterlassen kann. Eine Vorstellung, die das Herz berührt.
Die Mode pendelt zwischen zwei Extremen.
Einerseits Balenciaga mit dem neuen Bestseller „Tripple s“, einem Plastik-Turnschuh für knapp 700 Euro. Der Schuh ist so „hot“, dass man sich dafür auf eine Warteliste setzen lassen muss – oder morgens um 8 Uhr vor den Computer, wenn der nächste „Drop“ ansteht.
Am anderen Ende boomen unaufgeregte Klassiker mit Tradition und Geschichte, Produkte wie der Trenchcoat von Burberry, der vor 100 Jahren „erfunden“ wurde oder die Kelly-Bag von Hermès, benannt nach der Fürstin von Monaco, Grace Kelly, im Design unverändert seit 60 Jahren!
Wohin geht die Reise? Dr. Dominik Pförringer, junger Arzt, Entrepreneur und Veranstalter der gefeierten Talk-Runde „Gentlemen’s Evening“ schüttelt über Turnschuhe nur den Kopf.
„Ich trage kein Plastik,“ sagt er. Seine eleganten „Fullbrogues“ von Ed Meier sind 15 Jahre alt, aus Leder („ein natürliches Produkt, es atmet“) und waren schon 4 Mal beim Schuhmacher. „Ich laufe sie immer an den gleichen Stellen ab“, lacht Pförringer „so ein Schuh nimmt den Charakter des Trägers an.“
Pförringer kauft seit 20 Jahren die gleichen Oxford Hemden bei Ralph Lauren, trägt noch immer seine Hermès-Krawatte vom Staatsexamen und in seiner Trachtenjacke ist das Fertigungsdatum 1997 gestickt. Auf lange Sicht sind das clevere Investments. „In unserer schnelllebigen Zeit haben Dinge, die man lieb gewonnen hat, die man achtet und pflegt, einen unbezahlbaren Wert. Sie stellen Dauerhaftigkeit dar, an der man sich festhalten kann.“
Ist es der Unterschied zwischen Stil und Style? Menschen mit Stil schätzen eher leise Qualität. Lieber einen hochwertigen Knopf, einen perfekten Sitz oder ein luxuriöses Futter statt lauten Logos. Markus Meindl: „Kein einziges Produkt von uns hat ein Logo drauf. Eher ein Familienwappen oder das Monogramm, die Nachfrage nach diesen feinen Details nimmt gewaltig zu.“