Der Brief mit der schwindelerregenden Kreditkarten Abrechnung kam ausgerechnet an dem Tag, an dem Julia eingeschult wurde. Keine Ahnung, warum ich den Brief VOR dem Schulgang öffnete, jedenfalls waren meine Gedanken bei einem einzigen Thema. Wie sollten wir die knapp 12.000 Euro „Urlaubsgeld“ für unseren Luxus Urlaub abstottern?
Ich konnte an nichts anderes denken, als an: Warum? Warum haben wir uns für zwei Wochen Ferien ohne Not finanziell so derartig überfordert?
Schon die Weihnachtsfeiern waren zu teuer gewesen, Kitzbühel, mit Skikurs für die Kinder und Leih-Ski und Liftkarten und die ganzen Ausgaben zwischendurch für Hütte, Apresski und Dinner in viel zu exklusiven Restaurants.
Die Jensens, die können sich das leisten. Philipp ist Anwalt, Gabi Anästhesistin – und eine vermögende Erbin. Mein Mann ist Sportlehrer, ich bin Hausfrau. Eigentlich bin ich gelernte Physiotherapeutin, aber als Julia unterwegs war hörte ich mit dem arbeiten auf.
Wir lernten die Jensens im Elternhockey kennen, ich komme aus Südwestdeutschland, spielte dort zweite Bundesliga und war natürlich gleich der Star der Mannschaft. Bei uns daheim ist Hockey nicht sooo ein vornehmer Sport, umso mehr freuten wir uns, dass sich unsere Tochter Claudia, die mit Jensens Tochter Lara in der Mädchen A spielt, anfreundete. Die Jensens sind eine angesehene Familie.
Kommt doch mit zum skifahren sagte Gabi. Und mein Mann Klaus, der früher – angeblich – so gut auf den Brettern unterwegs war, meinte, das könnten wir ruhig mal machen. Die Jensens haben ein Haus in Aurach bei Kitzbühel, es würde ein günstiger Urlaub. Dachten wir.
Aber die ganzen „Nebenkosten“ wurden horrend, das ging los mit über 700 Euro für Skipässe, 500 Euro Skikurs, ecetera ecetera.
Und nun das. 12.000 Euro Amex Abrechnung für den Schwachsinn in St.Tropez. Auch hierzu hatten uns die Jensens quasi genötigt. Sie hatten ein Haus in St.Maxim gemietet, da sind zwei Zimmer frei, sagten sie, und weil wir uns gut verstanden hatten im Winter, kamen wir mit.
Wenn man Hausgast ist, wohnt man zwar umsonst. Aber wie gesagt, die Nebenkosten sprengen alle Register. Denn es wird erwartet, dass man die Gastgeber – mit Anhang – jedes zweite Mal einläd.
St.Tropez schießt – leider – preislich den Vogel ab. Ob man im „Club 55“, im „Palmiers“ oder am „Bagatelle“ Beach den Tag verbringt, es ist völlig egal, es kostet für 8 Personen immer 1000 Euro. Kinder zählen als Erwachsene, denn sie brauchen ja auch eine eigene Liege, ein Sonnenschirm und ein „Gedeck“ am Platz. Und Philip bestellte mittags schon immer eine Flasche Magnum Rosé.
Ja, natürlich war es lustig. Aber war es das wert? Es fängt schon mit der Garderobe an. Ich hatte uns vor dem Urlaub bei Zara ausstattfiert, aber in einem teueren Ferienort wie St.Tropez fühlt man sich darin komplett verloren. All die schönen Frauen in exklusiven Klamotten, mit Hüten und teueren Taschen und Sonnenbrillen.
So gingen wir am ersten Nachmittag in die Stadt zum shoppen – ich kaufte meinem Mann eine sündteuere Vilebrequin Schildkröten-Badehose für 180 Euro, die hier jeder am Strand trägt, die Mädchen bekamen naturfarbene Ledersandalen von Les Tropeziennes und ich erstand einen Badeanzug von Eres für 380 Euro! Bin ich denn vollkommen verrückt geworden? Ein Badeanzug für soviel Geld? Nur weil Gabi leicht unterschwellig bemerkte, dass unsere Strand-Garderobe… und den Satz vervollständige sie nicht mal.
Am schlimmsten aber war es mit den Kindern abends im Restaurant. Klaus und ich wären gerne mal daheim geblieben. Ich hätte gekocht, ein Wein vom Supermarkt – das ist doch auch schön.
Aber wir gingen immer nur aus zum essen. La Ponche, Caprice des deux, Café Senequier und wie sie alle heißen. Und was bestellten sich die Jensen Kinder? Immer das teuerste von der Karte. Filet und Hummer. Und dann aßen sie nicht auf. Und unsere Kinder eiferten den Jensens natürlich nach. Und zum Schluß nochmal Mousse au Chocolat und ein Eis am Hafen
Nein, der Urlaub war keine Erholung. Er war Stress. Ich hatte die ganze Zeit das Gefühl unter sozialem aber auch unter finanziellem Druck zu stehen. Unentspannt war das. Wir saßen in einem goldenen Käfig, aus dem es kein Entkommen gab. Und dann stritten wir uns noch die ganze Zeit.
Hat sich der teuere Urlaub also gelohnt? Nein. Es macht keinen Sinn, sich für die Ferien zu verschulden. Lieber kauft man sich neue Möbel, einen Computer oder erstklassige Nahrungsmittel für das ganze Jahr. Das St.Tropez Geld fehlt uns an allen Ecken und Enden.
Nächstes Jahr fahren wir in die Türkei. Nur wir. Mit einem Budget, dass wir im Griff haben.
Fotoquelle: Instagram