Mein erstes 5 Sterne Luxushotel war das Mandarin Oriental in Bangkok. Wir hatten eine dieser eineinhalbstöckigen Suiten im Neubau mit dem atemberaubenden Blick über die Skyline,, saßen bei Sonnenuntergang auf der eleganten Terrasse, die auf den Chao Phraya River hinausgebaut ist, livrierte Pagen servierten Gin Tonic begleitet von der größten Nuss- und Oliven Selektion, die ich bis dahin in meinem Leben gesehen hatte und ich wußte: das ist meine Welt.
Ich bin Andy, Friseurmeister mit 5 eigenen Salons und lasse im Urlaub gerne die Saus raus. Klingt schrecklich, ist aber so.
Meine Freundin Hedi hat mich damals, auf unserer Thailand Reise, auf den Geschmack gebracht. Sie kam aus gutem Hause und kannte das angenehme Leben, die Welt der feinen Hotels und luxuriösen Restaurants, der coolen Bars und exklusiven Nachtclubs. Wir waren 24 Jahre alt, ich konnte mir das Mandarin Oriental noch überhaupt nicht leisten, aber es war mir egal.
Die Schönheit des Moments und die Unvergesslichkeit des Augenblicks stehen bei mir über der Frage nach meinem Bankkonto. Ja, ich mußte unsere Thailandreise abstottern. Ja, ich verzichtete daheim auf ausgehen, teure Lebensmittel und Klamotten. Und ja, es hat mich ein bißchen genervt.
Aber das Jahr darauf fuhren wir wieder nach Fernost, nach Bali und wohnten im spektakulären Four Seasons in Ubud. Ich flog zum ersten Mal Business-Klasse und entdeckte den himmelweiten Unterschied eines bequemen, angenehmen Fluges, das Ankommen in Ruhe statt in völligem Stress.
Ich hatte mich zu dieser Zeit gerade selbständig gemacht und meinen ersten Salon eröffnet. Es lief gut an, aber ich konnte unmöglich länger als eine Woche weg bleiben. Eine Woche, sieben komprimierte Tage. In dieser kostbaren Zeit wollte ich mir ausschließlich das Beste gönnen.
Es ist bis heute so geblieben. Heute, 10 Jahre, eine Scheidung und 5 Salons später laufen meine Geschäfte gut – obwohl im Friseurhandwerk wenig geht und Lohndumping eher die Regel als die Ausnahme ist. Aber ich kann und will noch immer nicht wochenlang weg bleiben. Ich habe tolle Mitarbeiter, aber wenn ich nicht da bin, gehen die Umsätze nach unten. Also bleibe ich nie länger als eine Woche weg. Das ist zu verkraften.
Zweimal im Jahr eine Woche Ferien. Im November, wenn bei uns sowieso tote Hose ist und im Juli, wenn unser Bundesland Schulferien hat und die Kunden verreist sind. Im Herbst buche ich Fernreisen. Amerika, Australien, Japan, China. Mein nächster Trip geht nach Peru.
Und im Sommer bin ich auf Ibiza. Mit meiner Jungs-Clique, ich bin gerade Single. Alle Anfang 30 und wild entschlossen, etwas zu erleben. Wir wohnen deshalb im El Destino, wo eh’ die ganze Zeit eine Party steigt oder Luciano, Solomon oder Guy Gerber auflegen. Tagsüber chillen wir an einem der angesagten Strandclubs, Blue Martin oder El Chiringuito und dann chartern wir auch immer ein Motorboot und fahren rüber nach Formentera und lassen ein kleines Vermögen bei Yuan y Andrea.
Schon Mittags fließt der Rosé in Strömen, aber Abend legen wir noch einmal eine Schippe drauf. Montags im DC 10, sonst erst im Abendessen am Experimental Beach oder Nobu und dann weiter. Oder natürlich ein Entertainment-Abend im Lios, wo ein Tisch soviel kostet, wie der Monatslohn meiner Angestellten, aber….egal, ich bin jung, ich will mein Leben geniessen, hoch die Tassen und morgen ist morgen und heute ist heute.
Nein, ich „verschulde“ mich nicht mehr für die Ferien. Ich bewerte die unangenehmen Kontobewegungen am Ende immer mit „Investitionen ins schöne Leben.“ Vielleicht ändert sich das alles einmal, wenn ich verheiratet bin und Kinder habe. Aber im Moment geniesse ich meine Ferien, so wie sie sind: teuer!
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