Beitragsfoto: Masseria Torre Coccaro; Alle Fotos Copyright: Katja Brinkmann
4 Millionen Einwohner, die Hauptstadt heißt Bari, wir befinden uns im unteren „Stiefel“ von Italien, wo die Zeit noch stehen geblieben ist – und stehen bleibt, für die, die kommen. Entspannung pur. Landschaft pur. Meer pur. Erholung pur.
Katja Brinkmann, Fotojournalistin aus München, zog vor 10 Jahren nach einer Reportage da hin. Es war Liebe auf den ersten Blick. Und über ihre große Liebe berichtet sie hier….
Glamometer: Apulien der neue Hotspot in Italien… Was macht es so attraktiv und so anders zu den anderen Sommer-Zielen?
K.B. Apulien ist das Italien geblieben, von dem wir Deutschen träumen: Ursprünglich, nicht allzu weit von zuhause, ungefährlich. Freundliche Menschen, bezaubernde Strände, kristallklares Wasser.
Produktionsfirmen aus aller Welt kommen hierher, weil man vom Gargano im Norden bis hin zum Kap von Santa Maria di Leuca alles findet, was man sonst auf der ganzen Welt suchen muss: Gegenden, die an die Amalfiküste erinnern, Strände, die den Malediven Konkurrenz machen könnten und Landstriche, in denen man sich wie in Arizona fühlt. Man entdeckt in Apulien auf Schritt und Tritt Neues, die Pfade sind noch nicht so ausgelatscht wie anderswo. Und das Schönste: Man kann in Apulien (eigentlich) nicht schlecht essen!
Glamometer: Drei Adjektive mit denen Sie Apulien beschreiben?
K.B. Oder vier? Warmherzig, ehrlich (nicht inszeniert für Touristen), intensiv (alles extremer: das Wetter, die Gerüche, die Geschmacksrichtungen…), strahlend (weiss)
Glamometer: Was lieben Sie am allermeisten in Apulien?
K.B. Die Schlichtheit des Lebens. Nach Apulien kommt keiner für Chanel, Dolce & Gabbana & Co. Luxusshopping und Schickimicki braucht es auch gar nicht – im Bikini sehen sowieso alle gleich aus!
Sterneküche gibt es zwar, aber in der Trattoria um die Ecke ist es oft gemütlicher, echter. In Apulien geht es um die Wiederentdeckung der Langsamkeit. Wer stresst, wird schief angeguckt. Was man auch
vorhat, für einen Kaffee oder einen kleinen Schnack an der Bar muss immer Zeit sein. Morgen ist schliesslich auch noch ein Tag.
Glamometer: Wie kamen Sie nach Apulien?
K.B. Es war vor genau 10 Jahren. Ich war auf Recherche Reise in der Masseria meines Mannes, Masseria Torre Coccaro, Ende November 2008 war das. Nach drei Tagen Sonne und Wärme wollte ich nicht wieder zurück ins kalte München. Also habe ich mir in Monopoli eine Wohnung gemietet und bin geblieben. Alles weitere ist Geschichte, ein bisschen davon habe ich in meinem Buch “Apulien. Land und Menschen an einem Rande Europas” erzählt. Heute lebe ich zwischen Lecce, wo meine sechsjährige Tochter zur Schule geht, und Savelletri, einem 900 Seelen Fischerdorf zwischen Bari und Brindisi. Und bin von der schreibenden Journalistin zur Fotografin geworden, spezialisiert auf Portraits, Familien und Hochzeiten – ein ganz grosses Thema in Apulien!
Glamometer: Was sind die Pugliesen für ein Menschenschlag?
K.B. Hilfsbereit und gastfreundlich, lockerer und sorgloser vielleicht auch als wir, und Meister im Improvisieren! Dafür mitunter etwas weniger verlässlich, zuweilen unpünktlich, unverbindlich. Man
braucht etwas Zeit, um wirklich warm zu werden.
Glamometer: Ferien mit Family was würden Sie empfehlen? Eine bestimmte Stadt/Hotel?
K.B. Masseria Torre Coccaro in Savelletri/Fasano (Contrado Coccaro 8, Savelletri) ist, wenn man so will, ein Agriturismo auf Fünf Sterne Niveau: authentisch pugliesisch, mit Kinderbetreuung, Schwimmstunden, Radtouren, Pizza Cooking School für die Kids und Fine Dining unter Sternenhimmel, private Beachclub, Sushi Restaurant, Spa etc fuer die Grossen. Wer es noch natürlicher liebt, bucht etwa in der Masseria Prosperi (73028 Otranto, Lecce) bei Otranto und wohnt dort mit Hühnern, Pferden, Eseln und Ziegen Tür an Tür. Das Frühstück ist exzellent und das Dinner, das Antonio D’Alba, der Herr des Hauses, für seine Gäste zubereitet, jeweils mit frischem Fisch, Pasta und Gemüse aus dem eigenen Garten, sind einfach vorzüglich.
Glamometer: Romantic Getaway – was hat Puglia da anzubieten?
K.B. Ein charmantes City Hotel mitten in Lecce, wie den soeben neu renovierten “Palazzo Personè da Vico dei Bolognesi” (Via Umberto I, n.5, Lecce), das nagelneue “Paragon 700” (Largo Michele Ayroldi Carissimo 14, Ostuni) in der weissen Stadt Ostuni, das dieser Tage eröffnet, oder das sehr ausgefallene “Convento” in Marittima del Diso (73030 Diso, Lecce). Schön ist auch das Don Ferrante (Via S. Vito 27, Monopoli), in der Stadtmauer von Monopoli, mit Blick auf die vielen kleinen Buchten rund um die Altstadt. Für ein Romantic Dinner mit atemberaubendem Blick empfehle ich die “Grotta Palazzese” (Via Narcisco 59, Polignano a Mare) – das haben selbst Australier auf ihrer Bucket List!
Glamometer: Apulien ist berühmt für die kulinarischen Künste. Welche Gerichte muss man gegessen haben?
K.B. Ricci di mare (Seeigel, nicht mit dem Löffel, sondern mit Weissbrot geschlürft), Polpo, frisch gefangen in San Vito di Polignano, Orecchiette con rape (so etwas wie ein Nationalgericht, mit
selbstgemachten Orechiette und Rape aus dem Masseriagarten noch besser), pesce crudo (die apulische Version von Sushi bzw. Sashimi, dazu isst man knackige Friselle), Taralli (die apulische Variante von Chips, aus Mehl, Wein und Oliven, Kräutern, Fenchelsamen), Gamberi di Gallipoli (die rosa/violafarbenen, besser als ein Hummer!), Pasticciotto Leccese (Mürbeteig-Küchlein mit Cremefüllung, am besten im Café Alvino (Piazza Sant’Oronzo, Lecce), Focaccia Barese (besser als Pizza!), Panzerotti Speziale in Tony’s Bar (Via Petrarca), frittierte oder gebackene Teigtaschen, die wie eine kleine Calzone Pizza mit Käse und Tomaten gefüllt werden und dann zugeklappt)
Glamometer: Ihre 3 Lieblings Restaurants?
K.B. Momò ( Via Fiume)in Savelletri.
Taverna del Porto (Via Cristoforo Colombo, 121) in Tricase.
Giardini 36 (Via dei Giardini, 36) in Cisternino
Glamometer: Ihre Lieblings Boutiquen und was kaufen Sie dort?
K.B. Tulsishop (Le Palme Beach, Contrada Pantanelli, Monopoli) für ausgefallene Beachklamotten. Die Besitzerin Deborah war Stylistin in LA und betreibt heute vier Läden in Apulien. In der Masseria Torre Coccaro und am Le Palme Beach für Bekleidung und Beachwear, Marittima del Diso für Kleidung und
Interior, Gallipoli für alles. Candido 1859 (Piazza Aldo Moro 9) in Maglie für Markenmode. Video Cafe (35/A Via Triachase Salvatore) in Lecce für “Ausgehmode”. Mimma Ninni (Via Nicolo Putignani 26) in Bari für den besonderen Mantel, das besondere Paar Schuhe, ein ausgefallenes Sommerkleid. Perfekt für ausgefallene Mitbringsel ist Orsina’s kleine Boutique in Savelletri (Via Mincio, 4)
Glamometer: Ihre 3 Lieblings Beachclubs?
K.B.Le Palme Beach (Contrada Pantanelli, Monopoli), jung, frisch, modern, international. Mit gutem Fischrestaurant und erstklassiger Cocktailbar La Castellana, Otranto (Via Antonio Sforza, 73028 Otranto) 5oer Jahre Stil, bezaubernde Bucht, gemütliches Outdoor Restaurant mit Promi-Watching: Der Strand gehört den Capasas, (Ex-Costume National) Punta della Suina (Litoranea) in Gallipoli: Aperitivo bei Sonnenuntergang, im Bikini im Sand tanzen zu Café del Mar Musik
Unten: Strandromantik in Apulien
Glamometer:Kultur in Puglia was könnten Sie uns empfehlen?
K.B.Theater Kismet (Strada San Giorgio Martire 22/f) in Bari. Es ist ein Kindertheater, Tanztheater, Improvisationstheater. Teresa Ludovico ist die künstlerische Leiterin, interessant und soeben wieder neu eröffnet Teatro Radar (Via Magenta 71-73)in Monopoli. Teatro Petruzzelli ( Corso Cavour 12)in Bari, der Klassiker alles von Paolo Conte bis Richard Wagner. Cinema Teatro dei Trulli (Alberobello (Via. G. Ungaretti 26/A)das Open Air Kino hat Tradition in Italien.
Glamometer: Museums Guide?
K.B. Must (Via degli Ammirati) in Lecce mit wechselnden Ausstellungen und Workshops. Pino Pascali (Via Parco del Lauro 119) Museum in Polignano und das ehemalige Teatro Margarita (Piazza IV Novembre) in Bari.
Glamometer: Welches ist ihr Lieblingsplatz in der Stadt?
K.B. Auf meinem Hollandrad, mit Tochter Emma hinten drauf, durch die Altstadt cruisen, hier und da abspringen, um jemanden zu begrüssen oder Kaffee- und Eispause zu machen. Apropos Eis: Unbedingt bei Natale (Via Salvatore Triachese 7)in Lecce oder im Jerome (Via Calefati 61B/Via Sparano) in Bari. Sonst: Doppio Zero 00 (2, Via Guglielmo Paladini) oder Caffe Cittadino (Via Francesco Rubichi 35) in Lecce. Wer es elegant mag, sollte ins 300 Mila (Via Centoquarantesimo Reggimento Fanteria, 11) – hier kommt an einem Tag ganz Lecce vorbei.
Glamometer: Dress Code im Sommer?
K.B. Luftige Sommerkleidchen oder leichte weite Hosen mit hübschen Blusen oder Shirts, Badeschlappen oder Ledersandalen, Panamahut. Zu ungezwungenen Aperitivo Einladungen geht man
auch schon mal mit Bikini und Pareo, so kann man sich zwischendurch im Pool abkühlen.
Glamometer: Spezialitäten Shopping in Puglia?
K.B. L’artigiano Panettiere (Via Raffaello Sanzio 16) in Brindisi eine etwas andere Bäckerei – mit einer Wurst- und Käsetheke, bei der einem die Augen übergehen, und sehr guter eigener Pizzeria, die vom Sohn der Familie, Christian Romano, einem mehrfach ausgezeichneten Pizzabäcker, betrieben wird. Im Caseificio Crovace, Speziale (Via Lecce 22) in Speziale gibt es selbst gemachten Joghurt, Käse, herrliches Gemüse und Obst, eingelegte Tomaten, Auberginen, Artischocken. Macelleria Romanelli in Martina Franca (Via Valle D’Itria 8/12): Wer eintritt, muss eine Nummer ziehen, wie beim Arzt. Es lohnt sich: Der Capocollo (Schinkenspezialität aus Martina Franca) sowie alle anderen Wurst- und Schinkensorten, die hier angeboten werden, sind von erstklassiger Qualität. Touristen lassen sie sich einschweissen, um sie mit nach Hause nehmen zu können.
Glamometer:Wie angenehm ist es zu baden? Wie ist die Strandsituation?
K.B.Sehr angenehm! Für jeden Geschmack ist etwas dabei, feine Sandstrände etwa rund um Gallipoli, Kieselsteine und Felsen (etwa um Monopoli, Capitolo), Steilkueste (bei Otranto).
Sehenswert ist die Cala Dell’Acquaviva (Via Litoranea, Diso) südlich von Castro, eiskalt aber einfach wunderbar. Schöne natürliche Strände sind auch Porto Badisco südlich von Otranto oder Le Orte, wo selbst Taucher auf ihre Kosten kommen. In Apulien ist das Wasser durchweg sehr sauber, Quallen findet man so gut wie nicht, die bewirtschafteten Strände werden die Saison über pieksauber geladen.
Glamometer:Warum soll man dieses Jahr nach Apulien kommen?
K.B. Dieses Jahr putzt sich Matera gross heraus als Kulturhauptstadt Europas. Das ist allein einen Besuch wert. Ich würde Coppolas Palazzo Margherita (Corso Umberto I, 64) im nahe gelegenene Bernalda zum Übernachten empfehlen, es ist herrlich, dort am Pool zu entspannen nach einem Marschdurch die Höhlenwelt von Matera. Auch im Bistro Restaurant des Palazzo isst man sehr gut. Wer Musik mag, sollte sich die Notte della Taranta (4. August) nicht entgehen lassen. Das Locus Festival in Locorotondo hat inzwischen auch Weltruf. Daneben gibt es landauf landab Yoga Workshops, Fotoworkshops, Lesungen, Open Air Konzerte, den ganzen Sommer über. Selbst in den entlegensten Orten! Apropos Konzerte: Das Opern-Festival della Valle d’ Ítria (16.7-4.8) ist erstklassig!
Glamometer: Wie reist man an?
K.B. Im Auto von München aus braucht man 14 Stunden, es ist machbar, allerdings auch etwas stressig. Mit Zwischenstop, etwa in der Gegend von Rimini, geht es etwas besser, insbesondere mit Kindern im Auto. Ich fliege in der Regel: Wer zeitig bucht, findet tolle Angebote, etwa Air Dolomiti, ab Memmingen bis Brindisi fliegt Ryan Air sehr preiswert.
Glamometer: Im internationalen Vergleich wie teuer und günstig es ist Puglia zu buchen?
K.B. Das Preisniveau im Süden ist noch im Rahmen im Vergleich zu anderen (auch italienischen) Destinationen. Im Supermarkt einkaufen ist ähnlich teuer wie in Deutschland auch, aber Obst und
Gemüse ist besser- und deutlich preiswerter. Kleidung ist ähnlich wie überall sonst, allerdings kann man auf den Wochenmärkten tolle Schnäppchen finden, etwa (Design-) Kinderkleidung.
Unten: Katja Brinkmann. Die Fotojournalistin bei der Arbeit…