Der Dumme hat das Glück, sagt meine Kollegin Steffi immer über unsere liebe Laura, die Kollegin mit dem Jackpot: Homeoffice!
Laura bleibt an zwei Tagen pro Woche daheim. Ich arbeite täglich – im Büro. Laura hat zwei Kinder, eines leidet an Neurodermitis und deshalb glaubt Laura, dass sie weniger arbeiten muss. Früher fehlte sie ständig, heute macht sie Homeoffice.
Damals meldete sie sich ständig krank wegen ihrer Tochter. Hatte die Tochter Ausschlag, blieb Laura daheim. Oft eine ganze Woche oder sogar 10 Tage. Das ist vielleicht okay, wenn ein Betrieb personell üppig aufgestellt ist. Aber wir sind zu dritt in der Abteilung. Nein, falsch, wir haben Arbeit für 3, sind aber nur zu zweit. Denn selbst wenn Laura da ist, leistet sie weniger.
Wir sind ein Recherche-Team in einer internationalen Kanzlei. Die Vorgänge sind komplex und wenn man den Anschluß verpasst, muss man quasi von vorne anfangen. Wir müssen Laura also immer wieder auf den neusten Stand bringen: was unterdessen geschah. Das ist so zeitaufwändig!
Klar fiel es auf, dass Laura oft – zu oft – krank war. Wir waren dann auch nicht super nett zu ihr. Einmal mussten wir ein Bulletin verfassen, Terminsache, und Laura ließ uns hängen. Im wahrsten Sinne des Wortes, denn sie hängte ihr Telefon aus. Als wir sie wegen kleiner Rückfragen anriefen, war die Leitung tot. Wir schufteten pflichtbewußt bis spät in die Freitag Nacht. Und Dienstag als sie wieder kam, genau, Dienstag, nicht Montag, waren wir schnippisch. Strafe muss sein, aber Laura beschwerte sich bei unserem obersten Chef.
Und der legte fest, dass die „arme“ Laura mit dem kranken Kind zwei Tage Homeoffice machen dürfe. Wir sind ja schließlich eine total sozial eingestellte, familienfreundliche, Work-Life Balance respektierende Vorzeige-Kanzlei. Ha! Jetzt haben WIR keine Work-Life Balance mehr, reissen Überstunden bis zum Umwinken und Laura – postet von der Therme Erding.
Auf Facebook! Im Privatsphären Modus zwar, aber wir haben es raus gekriegt. Wir haben lange diskutiert, aber wir haben sie angesprochen. Und natürlich gab’s einen triftigen Grund: das kranke Kind mit der Neurodermitis! Die Recherche-Arbeit könne sie schließlich auch nachts erledigen, wenn die Kleine schläft. Als ob?!
Der Mensch ist ein Serien-Täter, Laura wurde im Kaffee gesichtet, auf dem Fussballplatz, beim Edeka, bei Zara, auf der Hohenzollernstraße, alles während Homeoffice. Und die Retour-Kutsche geht weiter: Laura meldet sich jetzt immer an ihren Homeoffice Tagen krank. Dann macht sie am nächsten gesunden Tag….Homeoffice! Wer so selten da ist, ist eigentlich überflüssig. Oder?
Uns reicht es so derart, dass wir überlegen zu unserem obersten Chef zu gehen und uns zu beschweren. Nein, das machen wir natürlich nicht. Wir sind keine Kollegenschweine. Laura ist eins. Sie läßt Frauen ohne Kinder schuften und stilisiert sich zum Opfer. Aber irgendwann, ich weiß es, kommt der Tag…
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