Beitragsfoto: Copyright V Communication, Fendi
Sonntag Morgen, kein Wecker klingelt, Monika dreht sich um, sie liegt noch im Bett. Von draussen blitzen die ersten Sonnenstrahlen durch die Jalousie, es ist bestimmt schon 9 Uhr oder kurz danach. Monika streckt sich, sie hat leichte Kopfschmerzen, obwohl sie gestern nur ein einziges Glas Sekt getrunken hat. Schreckliches „Date“ war das mal wieder. Markus, Dr. Markus sogar, Soziologe am Institut für Gender Forschung, und sie waren bei einem Klavierkonzert gewesen, Ravel und Debussy, sie hatte das ausgesucht, er mochte das….dachte sie….
Sie hatte sich extra ein neues Kleid gekauft, ein schwarzes Etuikleid von Marc Cain, es passte gut zu ihren halblangen blonden Haaren, dazu neue Pumps, puderfarben, sie hat sich sorgfältig geschminkt, den neuen roten Estée Lauder Lippenstift aufgelegt, lag es vielleicht doch am roten Lippenstift, den sie sich von der jungen Douglas-Verkäuferin hatte einreden lassen?
Das war es! Der rote Lippenstift. Es muss am roten Lippenstift gelegen haben, dass die Unterhaltung mit ihr und Markus einfach nicht ins Laufen kam. Dass SIE in der Pause die Getränke bezahlte, ein Glas Sekt und eine Rabarberschorle für 9 Euro, dass er nach der Vorstellung mit ihr ein paar Floskeln wechselte, und sich dann zügig verabschiedete. Er sagte nicht einmal: ich rufe Dich an. Nichts. Nichts Verbindliches, nicht einmal die Form gewahrt hatte der, aber sie kennt das ja schon, kennt das von so vielen Treffen, die alle gleich liefen, alle im Sand verliefen, zwei drei Treffen maximal, dann war immer…..Schluß. Abbruch. Ende.
Vielleicht dachte Markus, Dr. Markus, sie sei keine seriöse Frau. Mit diesem roten Kussmund. Verführerisch sieht das aus, meinte die Verkäuferin und das wollte Monika ja auch sein. Verführerisch.
Endlich einen Mann. Endlich nicht mehr allein sein. Diesen schrecklichen, ewig währenden Alptraum des Single-seins endlich beenden.
Warum finde ich keinen Mann? Nicht nur sie stellte sich die Frage, sondern auch ihr Umfeld. Die Kollegen, die Montags immer von ihren tollen Wochenenden erzählten, von ihren Familien, oder von amourösen Abenteuern. Und was hast DU gemacht, fragten sie immer. Und dann kam stets der vernichtende Nach-Satz, dass eine so tolle Frau wie DU keinen Mann findet, unfassbar.
Vor allem ihre Mutter lag ihr in den Ohren. Dass erste, was sie fragte, wenn sie sie besuchte war: Und? Hast Du einen Mann kennen gelernt? Es war aber keine Frage. Es war ein Vorwurf. Abschätzig fast. Die kleine dumme Monika schafft es einfach nicht, die einfachste Sache der Welt auf die Beine zu stellen. Einen Mann.
Dieser Markus, Dr. Markus, schien Monika ein Volltreffer. Unverheiratet, Ende 40, schüttere Haare, klein und leicht übergewichtig. Also wirklich kein Catch. Optisch. Aber ein studierter Akademiker. Das musste schon sein. Unter Akademiker wollte Monika nicht gehen, vor allem ihre Mutter legte darauf Wert. In ihren 30ern hatte Monika eine lange und eigentlich glückliche Beziehung mit einem türkischen Obstgeschäftbesitzer gehabt, aber ihre Mutter war strikt dagegen, was sollen die Leute nur denken, sagte ihre Mutter, Du bist doch kein Araber-Liebchen. Monika hatte das verletzt, denn sie mochte den Türken, noch mehr, sie liebte ihn aufrichtig, aber sie wollte ihrer Mutter „diese Schande“ nicht antun und irgendwann, nach einem unnötigen Streit, warf Monika den Obsthändler aus ihrer Wohnung, und danach war es bei ihm aus. Sein Stolz …. sie rief ihn noch unzählige Male an, aber zum Schluß ging er nicht mal mehr ans Telefon.
Und dann stand sie da, 40 Jahre alt, keinen Mann und dringend auf der Suche.
Monika steht auf, sie läuft ins Bad, putzt sich die Zähne und steigt in ihren grauen Jogging-Anzug von Brunello Cuccinelli, den sie sich im Sale geleistet hat, ein schickes und gemültiches Lieblingsteil, sie zieht ihre Hogan Turnschuhe an und läuft zum Bäcker. Sonntag Vormittag ist ihre liebste Zeit am Wochenende. Da fühlt sie sich am wenigstens einsam. Da geht sie zum Bäcker, stellt sich in die lange Schlange mit all den anderen Frauen, den Familienvätern, oft in Begleitung ihrer kleinen Kinder und den schönen Hunden, und sie kauft dann die Frankfurter Sonntagszeitung und 4 Brötchen, sie isst keine 4 Brötchen, aber die Leute sollen denken, sie hätte eine Familie daheim. Oder wenigstens einen Mann.
„2 Müsli- und 2 Bäcker-Brötchen, wie immer?“ fragt die nette Verkäuferin, man kennt sich. Wie immer sagt Monika und denkt an Markus, Dr. Markus, den Soziologen, den sie bei einer Pressekonferenz kennen gelernt hatte. Er war im Auftrag der Stadt eingeladen, es ging um eine medizinische Studie, man kam ins Gespräch – Monika arbeitet in der Presseabteilung und betreute die PK. Es war Markus erste PK, er war aufgeregt und auch ein bisschen stolz. Letztlich sprach er nur wenig, es sprach hauptsächlich der medizinische Leiter der Studie, aber immerhin. Nach der PK ging man mit allen Teilnehmern in die Kantine, sie saß neben Markus. Er sah weder gut aus, noch war er gut angezogen, er roch nicht mal besonders lecker. Aber er war ein Mann und er war aufgekratzt und er erzählte viel. Mit ihr. Fast nur mit ihr. Er war ein kleiner Selbstdarsteller, das bemerkte Monika sehr wohl, aber er war nicht verheiratet, hatte eine Festanstellung, interessierte sich für Wandern und Klassische Musik, alles so bodenständig, dass Monika dachte: gib ihm eine Chance. Gib DIR eine Chance.
Sie nahm ihren ganzen Mut zusammen und schrieb ihm eine Mail. Unverbindliches Zeug, die PK war so interessant, gibts noch mehr Infos, so was und er schrieb zurück. Sofort. Monika deutete das als gutes Zeichen. Vielleicht fand er sie ja doch hübsch und attraktiv. Sie schrieb ihm wieder und fragte nach seinen Tipps für Debussy und Ravel, seine Lieblingskomponisten, und wieder antwortete er. Im Lauf der nächsten Tage gingen die Mails hin und her. Aber die Abstände, mit denen er antwortete wurden größer. Monika wußte, was das bedeutete, sie versuchte ja nicht zum ersten Mal einen Mann zu becircen. Sie musste tätig werden. Also fragte sie ihn, ob er nicht zusammen mit ihr ins Klavier Konzert gehen wolle, am Samstag in zwei Wochen wäre ein tolles Abend-Programm, seine Lieblings Komponisten. Ravel und Debussy. Er lies sich Zeit mit der Antwort, jedes Mal, wenn eine Mail eintraf, war Monika aufgeregt wie ein Teenager, weil sie dachte die Mail wäre von ihm. Von Markus. IHREM Markus. Sie war verknallt.
Seine Antwort war zweideutig, EIGENTLICH hätte er etwas vor. EIGENTLICH. Was heißt denn EIGENTLICH fragte sich Monika, das heißt….jedenfalls nicht nein und so schrieb sie ihm, dass sie die Tickets schon gekauft hätte und schließlich willigte er ein.
Sie trafen sich am Kassenhäuschen, schon wie er ankam, schwante Monika nichts Gutes. Sie hatte sich schick gemacht, in Schale geschmissen, Mühe gegeben. Und er? Eine verbeulte beigefarbene Hose, ein Sweatshirt, nicht mal ein Hemd, die dünnen Haare, wild am Kopf, nein so sah niemand aus, der auf ein Rendezvous geht, er war nicht einmal besonders nett, wie siehst DU denn aus, fragte er, als ob sie aussätzig wäre, willst Du zu einer Modeschau oder zu einem Klavierkonzert, er lachte dabei abfällig, am liebsten hätte Monika ihm eine passende Antwort gegeben, aber sie suchte ja einen Mann und da musste sie das alles jetzt mal runterschlucken. Vielleicht ging der Abend ja doch noch gut aus.
Aber es kam schlimmer. In der Pause stellten sie sich an der Bar an, sie bestellte sich ein Glas Sekt, er sagte ungerührt, dass ER NIE Alkohol trinken würde, es ablehnt und schlimm findet. Und als es ums bezahlen ging… wartete er so peinlich lange, bis Monika es nicht mehr aushielt und selbst ihr Portemonnaie zückte.
Monika denkt an diesen schrecklichen, demütigenden, desillusionierenden Moment. Sie hätte ihn, Dr. Markus, den größten Stoffel, einfach stehen lassen sollen. Schönen Abend noch und tschüss. Aber sie hielt durch. Bis zum bitteren Ende. Als er sie stehen lies. Einfach abfertigte. Monika kommen die Tränen. Sie muss etwas ändern. So geht es nicht weiter. Ihr Leben ist unglücklich und es ist schon zu lange so. Sie ist 40, die Hälfte ihres Lebens ist um. Sie muss jetzt handeln. JETZT!
Eine tolle Story! Interessant, wie es weiter gehen könnte! Wie würde die Hauptfigur weiter handeln? Es gibt so viele hübsche, gebildete, selbstbewusste Frauen. Sie haben alles! Oder fast alles! Beruf, Karriere, Geld, hübsche Wohnung, und trotzdem sind sie nicht glücklich, weil als Frau sie nicht erfüllt sind, weil doch das Wichtigste fehlt, was Schutz und Geborgenheit bringt. Sie präsentieren sich als stark und selbstbewusst. Aber nicht als Frauen , die eine starke Schulter und Schutz brauchen, nicht als Frauen, die Empathie und Verständnis zeigen. Und sehr stark hängen sie von der Meinung der Gesellschaft ab!
Danke für den wichtigen Kommentar. Die Geschichte geht weiter…und wir halten unsere Follower auf dem Laufenden. Lieben Gruß Annette Weber