„Vor zwei Jahren habe ich meinen Stil komplett geändert“, sagt Glamometer Editrix Viktoria Rader. Vor der Geburt ihrer Kinder trug sie schicke, eher „luxuriöse“ Designer-Mode, jetzt wird sie für ihren jungen, unbekümmerten und lässigen Over the Top Streetstyle mit Jogginghosen, Sneakers und jeder Menge extravaganter Accessoires gefeiert.
„Ich ließ meine Haare schneiden, hatte durch die Geburt meiner Kinder auch gewaltig Gewicht verloren. Ich war plötzlich ein anderer, ein neuer Frauentyp,“ sagt Viktoria über ihre erstaunliche Verwandlung. Sie war nicht mehr die elegante Lady aus der Münchner High Society. Sondern der schlaksige Lausbub-Typ, mit langen Beinen, flachem Bauch und wenig Busen. Ein Fashion Girl. Da passten auch die alten Kostüme nicht mehr. Da gehörten jetzt sportliche Klamotten wie Trainingshosen und flache Schuhe zum neuen Ich.
„Wenn man Curry ist oder sehr klein, mit Busen und Hüften, da sieht der sporty Style natürlich lächerlich aus“, erklärt Viktoria, „Diese ganzen Oversize T-Shirts und Hosen tragen eher auf, aber mit meinen dünnen Beinen passt das jetzt super.“ Viky besitzt mittlerweile eine gigantische Sneakers Kollektion, mit raren Sammlerstücken von Balenciaga und Louis Vuitton. Und Jogginghosen von Givenchy, Gucci, Burberry und natürlich auch von Adidas. Die kombiniert sie mit lustigen bunten Sonnenbrillen, mit Socken, Bauchtaschen, Käppis, alles mit lauten, erkennbaren Logos drauf, es ist der Stil der Rapper, der Strasse, des Underground, cool und gezielt „Over the Top“, es sind kleine, amüsante Provokationen gegen den herrschenden Geschmack-Mainstream, „erfunden“ von schwarzen Künstlern wie Snoop Dogg , A$AP Rocky, Chief Keef.
Seit Kim Kardashian mit ihrem Rapper Ehemann Kanye West 2014 auf dem April-Cover der amerikanischen“Vogue“, DER Geschmacks-Bibel schlechthin erschien, gilt Streetstyle und das ostentative Zurschaustellen von Reichtum, als offiziell geadelt. Schaut her, ich kann es mir – buchstäblich – leisten, auf Konventionen zu pfeifen. Es ist eher ein Beweis für faktische Unabhängigkeit, als ein Zeichen von elegantem, raffiniertem Geschmack.
Deshalb rät Viktoria Rader zu Vorsicht. „Es kommt immer darauf an, wo und wann man Streetstyle trägt.“ Wenn sie beispielsweise zum Supermarkt geht oder die Kinder vom Kindergarten abholt, zieht sie lieber schlichte Jeans und ein normales T-Shirt an. Vor allem wegen der anderen Mütter. „Viele Frauen drehen sich nach mir um, die meisten aus Interesse, aber trotzdem will ich niemanden provozieren.“ In ihrer Heimat, der Ukraine, ziehen sich Frauen generell eher auffällig an, sexy und feminin, da musste sie sich im nüchternen Deutschland ohnehin ein wenig umgewöhnen.
Aber zur Fashion Week, wenn die internationalen Paparazzi auf „Beute“ warten, dann ist Streetstyle der Look du Jour. Dann zieht Viktoria das ganze Register und stylt ganz bewußt immer noch eine Brise Extravaganz on top. Alle Marken, alle Logos, laute Farben und schrille Muster, je üppiger, desto intensiver die Blitzlichtgewitter der Fotografen. In Mailand und Paris ist Aufmerksamkeit die harte Währung. Nur die auffälligsten Looks schaffen es auf die Seiten der Vogue, der New York Times, auf Net-a-porter oder Stylebop.
„Fashion Week ist großes Kino“ lacht Viktoria, „Da stylt man sich extra auffällig. Immer noch eins drauf. Nie im Leben würde man SO tatsächlich rum laufen.“ Deswegen muss sie sich nach den Modewochen richtiggehend umgewöhnen. „Ich stehe vorm Spiegel und denke, das ist alles zu wenig, so langweilig angezogen kannst Du nicht aus dem Haus gehen und dann komme ich zum Arzt und fühle mich wie ein Clown, weil das, was ich als „zu wenig“ empfinde, im realen Leben noch viel zu viel ist.“
Wann ist Streetstyle angemessen? Wann „passen“ Jogginghosen und Sneakers? „Am Wochenende, wenn ich mit der Familie chille, mit den Kindern spiele, spazieren gehen oder wir gemeinsame Ausflüge unternehmen.“ Als zweifache Mutter liebt Viktoria die Nachmittage auf dem Spielplatz und die ausgedehnten Spaziergänge in den Bergen. Da braucht man praktische, bequeme Kleidung. Und auf reisen. Längst ist in den First Class Lounges der internationalen Airlines der Dresscode Jogginghose angekommen. „Ich begleite meinen Mann häufig auf seinen Reisen, da gibt es nichts besseres als Streetstyle.“
Wie lange wird der Trend andauern? „Ich denke, es ist wie mit dem Boho Style vor zwei Jahren, ein Hype, der bald wieder abflacht. Langsam gefallen mir auch wieder richtig schicke und ruhige Teile von Céline beispielsweise, damit ist man nämlich modern UND schick gekleidet.“