Einmal im Jahr gibt es bei uns – wie in vielen anderen Familien auch – Gans und zwar am ersten Weihnachtsfeiertag, das ist der kulinarischer Höhepunkt für die ganze Familie. Schon im Vorfeld wird diskutiert, ob und wie die unglaublich köstliche Gans vom Vohrjahr geschmacklich noch übertroffen werden kann, was eigentlich unmöglich ist.
Da wir eine recht große Familie mit guten Essern sind, brauchen wir immer zwei Gänse, damit auch jeder seinen Schlegel bekommt. Zwei Gänse sind aber recht teuer, ich zahlte unserer Marktfrau 160 Euro (da waren allerdings noch 300 Gramm Endiviensalat dabei, für den einen Vegetarier unter uns).
Riesige Diskussion!
Sind 160 Euro zuviel? Es gibt polnische Gänse für 25 (!) Euro, die werden aber – angeblich – mit Fischmehl gefüttert, was man schmeckt – befürchtet das Familienoberhaupt, die ungarischen sind – angeblich – besser. Allerdings hatten die Gänse unserer Marktfrau ein WIRKLICH SEHR glückliches Leben bei uns in Rheinland-Pfalz, und so kaufen wir den Weihnachtsbraten eben seit Jahren bei Frau Täubner.
Der nächste ewige Streit in der Familie ist die Zubereitung der Gans. Gusseisentopf oder „normaler“ Backofen? Im Gusseisentopf, den übrigens keine normale Frau der Welt seriös irgendwo hin bewegen kann, schon gar nicht mit einer schweren Gans darin, wird die Hitze erhalten und die Gans bleibt – angeblich – saftiger, meint der männliche Teil der Familie. Wir Frauen finden definitiv die Ofen Variante besser, das Fleisch schmeckt schön zart, die Haut herrlich kross und die ganze Prozedur geht viel viel einfacher. Gans aufs Wurzelgemüsebett, ab und zu mit dunklem Bier bepinseln…
…oder lieber mit Honig? Meine Jungs recherchierten online, in diversen Gänse Chats und kamen auf die glorreiche Idee der Niedrigtemperatur Zubereitung. 1 Stunde bei 220 Grad, 8 Stunden bei 80 Grad, 30 Minuten bei 180 Grad, Ober und Unterhitze, keine Umluft!
Das funktioniert super, ich kann es bestätigen, wir haben uns genau daran gehalten und die Gans war ein einziges Gedicht. Zart, saftig, wenig Fett (wobei wir die Gänse sowieso auskochen) und knusperige Haut.
Nur dauert das Ganze eben Stunden und wenn man Mittags essen möchte….muss man mitten in der Nacht aufstehen. Diskussion. WER steht auf und wann? Ich habe doch gestern schon…aber Du ißt doch viel mehr….boah, ich hab AUCH Ferien…. und so raschelte bei uns um 4 Uhr früh nicht das Geschenkpapier, sondern der Wecker! Aufstehen, Ofen anwerfen, Gans rein und tschüss wieder in die Heia…. wobei der Schlaf dann nicht der allerbeste ist mit laufendem Herd….
….und ja, natürlich haben wir einen Zeitschalter, aber die Bedienungsanleitung dazu verloren oder verlegt, da gehen die Meinungen wieder auseinander…Du hattest sie das letzte Mal…was ich, nein Du……
…und ab 9 Uhr früh ist wieder reguläre Küchenarbeit zu leisten. Wer schält die kalten Kartoffeln für die Knödel, wer drückt sie durch die Kartoffelpresse (starke Muskeln). Pannen und Diskussionen. Warum sind die Kartoffeln festkochend? Ich hatte doch EXTRA mehlig kochend bestellt……ja aber das ist doch eine neue Bio Sorte…das ist doch egal, wir brauchen WEICHE Kartoffeln für Knödel..ach so sorry……
Wer deckt den Tisch…Diskussion….wer holt die Getränke….Diskussion….welcher Rotwein…Diskussion…wo sind denn die ganzen Kastanien, was DU hast die gefuttert, ja spinnst Du denn…Diskussion
Ehrlich, man hat Respekt vor jedem professionellen Küchenchef, wenn man selbst mal für eine Großfamilie das Weihnachtsmenue zubereitet.
Aber dann, wenn alle am Tisch sitzen, und das Silberbesteck blitzt und die Kristllgläser funkeln um die Wette mit der Christbaumbeleuchtung, wenn dann Frank Sinatra „White Christmas“ singt und dann endlich die beiden Gänse mit allen Beilagen serviert werden… dann ist Friede und Freude und alle sind sich einig: so gut geschmeckt hat es noch nie und nächstes Mal machen wir alles wieder gans genau so!
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