Nehmen Sie meine Jeans aus dem Schrank – und ich weiß nicht mehr, was ich anziehen soll. Ich trage Jeans nicht, ich LIEBE sie – das ist der erste Satz meines Kapitels über Jeans. In meinem Buch „My Style“ schreibe ich über Stil, Style und sehr viel auch über Denim. Mein erster Modekauf vom eigenen Taschengeld war eine Jeans. Wrangler, Größe 27 auf 32. Dunkle Waschung, Schlag. Damals trug man entweder Wrangler oder Levis-Jeans, das war ein Glaubensbekenntnis wie heute die Frage ob man Bayern- oder Dortmund-Fan ist. Ich war 13 Jahre alt und in Love.
Deshalb freute ich mich ganz besonders, als Wertheim Village, das luxuriöse Outlet Center in der Nähe von Würzburg, bei mir anklopfte und fragte, ob ich nicht einen Denim Workshop abhalten wollte. Na klar wollte ich!
Denn: Denim-Hosen passen optimal zum Leben einer modernen Frau. Sie sind bequem und strapazierfähig und können – je nach Schnitt – ziemlich sexy oder ausgesprochen lässig aussehen und somit ein fantastisches Passepartout für die restliche Garderobe sein.
Das weiß jeder – warum braucht man denn dann einen Denim Workshop?
Weil es um Nuancen geht. Die – wie immer im Leben – kriegsentscheidend sein können. Die jungen (und äußerst erfolgreichen) Twentysomething Blogger
@lennartmarlon_
@renegaert
@schannaloves
@coconuted
@kristinhesse_
wissen genau, wie sie ihre Jeans so stylen, dass ihre Follower entzückt sind. Sie kennen die neuen Schnitte und Waschungen, sind am Puls der Zeit. Aber: wissen Sie auch, ob und wie man Jeans in einem richtigen Büro trägt? Welche Sensation ein extravaganter Schuh hervorrufen kann? Wie man Jeans für einen schicken Event stylt? Welche Jeans für erwachsene Frauen in Frage kommen, die nicht (mehr) bauchfrei oder Schlitze tragen wollen? Wie man überhaupt die richtige Passform findet?
Wie findet man die „richtige“, die passende Jeans?
Jeder Jeans-Hersteller hat einen eigenen „Prototypen“, ein menschliches Model, auf das die Modelle zugeschnitten werden. Bei Jeans zählt jeder Zentimeter an Hüfte, Po oder Schenkel. Es ist sinnvoll, einen Hersteller zu finden, dessen Prototyp zur eigenen Figur passt. Oft liegt es an den „falschen“ Knien. Das kann der Schneider aber richten. Der (schmale) Sitz am Knie ist bei Jeans kriegsentscheidend! Generell: Röhren-Jeans sind Figurschmeichler, dazu ein langer, mäßig weiter Pullover oder eine Tunika und schon wiegt man (optisch) 5 Kilo weniger. ABER: Kein Lehrbuch hilft den „richtigen“ Fit zu finden. Das muss jeder selbst herausfinden. Tollerweise haben die meisten Jeans einen hohen, leicht formenden Stretch-Anteil und passen sich der Figur an. Rule 1: immer von hinten im Spiegel betrachten!!! Rule 2: die richtige Passform, ist die, in der man sich wohl fühlt.
Kann man Jeans auch im Büro tragen?
Früher wären Jeans im Office undenkbar gewesen, da waren sie Ausdruck jugendlicher Rebellion – und in der DDR sogar verboten. Joschka Fischer, der 1985 seine Vereidigung zum hessischen Umweltminister in Jeans entgegen nahm war ein Skandal. Heute sind Denim-Hosen, außer vielleicht in sehr konservativen Banken oder Anwaltskanzleien, im Berufsleben angekommen und akzeptiert. Keine Wollhose ist schicker, als eine schmal geschnittene, 3/4 lange schwarze Stift-Jeans, kein Kleid moderner, als eine dunkelblaue, extralange Schlag-Jeans. Entscheidend ist die dunkle Waschung. Wenn Denim zu zerschlissen aussieht oder Risse aufweist, ist es eher für die Freizeit. Und es kommt immer auf das Dazu an. Meine formelle Büro-Garderobe ist: Elegante Seidenbluse, luxuriöse Highheels und Cropped Jeans.
Traue ich mich … diesen brandneuen Jeans-Cut zu tragen?
Die jungen Blogger aus dem Denim Workshop (so wie auch ich) sind sogenannte „Early Adopter“. Menschliches Konsumverhalten wird nach der sogenannten Diffusionstheorie des amerikanischen Soziologen Everett M. Rogers in 4 Cluster aufgeteilt. Frühzeitige Anwender haben eine „positivere Einstellung zu Wandel und Risiko“. Was mich betrifft: ich experimentiere laufend mit Jeans und trage neue Schnitte oder Waschungen auch wenn sie mir (noch) nicht gefallen. Mit ist es auch egal, wenn andere den Kopf schütteln, weil ich eine komplett altersunangebrachte, überbodenlange Rapper-Jeans trage. Vielleicht gewöhne ich mich ja daran. Oder die andern gewöhnen sich daran, dann bin ich ein „Meinungsführer“ was ex post ja auch nicht schlecht ist. Welcher Konsum Typ sind Sie denn? Finden Sie es raus, es macht Spaß und dann wissen Sie auch welche Jeans zu Ihnen passt. Und ob es Ihnen wichtig ist, dass sie den Applaus dafür schon heute bekommen – oder erst morgen
Die richtige Konfektionsgröße sitzt nicht?
Jeder Jeans-Hersteller hat einen eigenen „Prototypen“, ein menschliches Model, auf das die Modelle zugeschnitten werden. Bei Jeans zählt jeder Zentimeter an Hüfte, Po oder Schenkel. Es ist sinnvoll, einen Hersteller zu finden, dessen Prototyp zur eigenen Figur passt. Oft liegt es an den „falschen“ Knien. Das kann der Schneider aber richten. Der (schmale) Sitz am Knie ist bei Jeans kriegsentscheidend!
300 Euro für eine Jeans? Billig-Modelle sind doch auch hübsch…
Jeans sind relativ kopier-sicher. Die großen Hersteller erfinden die neuen Schnitte zuerst und sie haben auch eigene Webstühle und eigene Waschungen. Da machen Nuancen gewaltige Unterschiede. Auch die Höhe des Stretch-Anteils entscheidet über den Sitz. Das „teure“ an Jeans ist die Qualität, bzw. das Stoffgewicht, das in Unzen (engl. ounzes = oz) angegeben wird. Je höher dieses Gewicht, desto dicker und schwerer ist eine Jeans und desto länger die Lebensdauer. Bei Billigjeans fühlt sich das Material oft dünn an, weil es zu 100% aus Baumwolle besteht, bedeutet: schneller kaputt geht.
Welche Jeans gehören zur Grundausstattung?
Schwarze Jeans für abends und fürs Büro. Weiße Jeans für Sommer und Ferien. Uralte, superbequeme Lieblingsjeans für gemütliches Power-Couching. Und: spektakuläre Wow-Jeans – einfach weil sie geil sind.
Sind Jeans klassenlos?
Herzogin Kate, Königin Maxima, Königin Letitia – auch Royals tragen Jeans. Sogar bei Staatsbesuchen. Meist sind es gerade geschnittene, unten leicht ausgestellte Bootcut-Modelle oder überknöchellange Bleistiftjeans, „casual“ kombiniert mit Bluse oder Pullover. Man könnte also meinen, die blauen Denims seinen völlig klassenlos. Stimmt aber nicht, im Gegenteil: Deswegen sind Jeans aber nicht klassenlos. Im Gegenteil: Die Fotos der königlichen Jeans-Trägerinnen sollen beim Volk ein nahbares Image hinterlassen: Seht her, ich bin eine von Euch. In Wahrheit sind Jeans für offizielle Anlässe beim Hochadel verpönt und nicht mal bei Jagden akzeptiert. Auch in der internationalen Gesellschaft tragen Damen üblicherweise Kleid. Niemand wird verhaftet, weil er Jeans trägt. Auch nicht, wenn er damit in die Oper geht. Aber für einen feinen und außergewöhnlichen Anlass ist Baumwolle (das Grundmaterial) viel zu gewöhnlich. Bei feierlichen Anlässen auf Jeans zu verzichten, zeigt also Klasse …
Haben Jeans eine Altersgrenze?
In mittleren Jahren gibt es nichts Attraktiveres für eine Frau als eine tolle Jeans – cool kombiniert mit stylishen Tops und Hammer-Schuhen. Sie wird sich darin souverän und sexy bewegen, die Männer werden ihr nachschauen. Wenn sich aber eine erwachsene Frau in knallenge Moonwash-Jeans mit Guckschlitzen zwängt, die ihrer Teenager-Tochter gehören könnten, sieht das schnell lächerlich aus. Auch popoakzentuierenden Röhren fühlt man sich irgendwann entwachsen. Und der sportive Casual-Style, also McJeans mit flachen Schuhen und Rundhals-Pulli – später, meine Damen. Zwischen 40 Jahren und 60 Jahren wirken Jeans nur jung und modern, wenn man sie richtig stylt.
Welche Jeans werden ausgemistet?
Alle fünf Jahre ändern sich Jeans-Schnitte, wird die Leibhöhe tiefer, das Bein kürzer oder der Schritt weiter. Auch Waschungen ändern sich. Stand heute klettert der Jeans-Bund wieder Richtung Taille, hochgeschnittene „Momfit-Jeans“ kommen. Und extrem weit geschnittene Baggy-Hosen. Und Jeans mit Fransen-Saum.
Make it yours – selbst zur Schere (und zum Bastelzeug) greifen!
Haben wir doch alle: alte Jeans, die oben noch ganz okay sind, aber am Bein altmodisch. Das sind Fälle für Do-it-yourself und Make-it-yours, so der Hashtag des Denim Worksops. Wer eine Begabung fürs Schneidern hat, super! Aber mit professionellem Werkzeug! Man glaubt nicht, wie viele verschiedene Schneider-Scheren es gibt, mit denen man Säume abscheiden oder ausfransen kann. Am Ende customizten wir klassische Jeansjacken mit lustigen Stickern, mit Perlen, Pailletten, Strasssteinen und Textil-Farbe. Es war ein Heidenspaß und der kreativer Abschluss eines anregenden Tages.
Unten: Der Denim Workshop mit den customizten Jeansjacken von Pepe Jeans. Von links: @coconuted, @kristinhesse, @schannaloves, @lennartmarlon, @nettiweber, @renegaert
Fotoquelle: Instagram