Als Teenager ging ich mit meinen Freundinnen jahrelang im Partner-Look. Wer zur Speyerer Hans-Purrmann Clique (das ist der Name unseres Gymnasiums) gehören wollte, kam in Uniform: grüner Parka vom Armee Shop, verwaschene Wrangler Jeans, selbstgestrickter, extralanger Ringel-Schal. Wir fuhren ALLE ein Solex, das ist ein stylisches französisches Moped, und später einen VW Käfer. Es war eine herrlich Zeit. Unseren „Look“ änderten wir selten, ich kann mich erinnern, dass ich Wochen in der gleichen Jeans herum lief, bis meine Mutter damit Schluß machte und das gute Stück in die fällige Wäsche pfefferte.
Bei mir erwachte das Interesse für Mode spät, aber dann umso heftiger, und weil ich viel unterwegs war (und eine bunte Clique hatte) sah ich manche Dinge früh, adaptierte sie schnell und galt an der Uni als stylish, jedenfalls fragten mich die Mädels häufig, wo meine Outfits her waren, wo man sie kaufen konnte. Ich freute mich über diese Interesse und nahm die Fragen als Kompliment, als Bestätigung!
Als junge Chefredakteurin „erfand“ ich die Rubrik „Styling mit 20, 30, 40, 50 Jahren“, die schnell für Furore sorgte und von anderen Heften kopiert wurde. Natürlich nur halb so gut – sagte ich mir – und hatte deshalb keinen Groll auf die Kopierer.
Mein beruflicher Terminkalender führte mich alle paar Monate nach New York und ein fester Bestandteil dort war ein kurzer Abstecher in die Canal Street, China Town, wo es die ganzen nachgemachten Uhren, Taschen und Parfums gibt. Nie im Leben würde ich etwas kopiertes tragen!!! Aber was man dort sieht, ist die ganz harte Währung: die Beliebtheit einer Marke. Wenn „Deine“ Tasche in der Canal Street hängt, hast Du es geschafft. Auch wenn die Luxusfirmen ein Vermögen dafür ausgeben, Fälscher zu entlarven und hinter Gitter zu bringen – Kopien sind der Nachweis der Begehrlichkeit einer Marke.
Warum ich das alles schreibe? Weil ich es nicht schlimm finde, wenn zwei das Gleiche tragen. Es sieht im Ende doch anders aus. Jeder Mensch packt seine Persönlichkeit, seine Figur, seine Aura in die Klamotte. „Same same but different“ heißt es in der Fashion Branche. Alles eine Frage der Sichtweise!
Meine liebe Freundin M., erfolgreiche Influencerin, ärgert sich seit Wochen, weil eine andere Bloggerin ihren Stil „kopiert“. Ich hielt den Vorwurf anfänglich für Humbug, doch dann legte M. ihre „Beweise“ vor. Treffer. Die „böse“ Bloggerin ahmte tatsächlich nicht nur die Looks meiner Freundin nach, sie postete auch exakt die gleichen Sneakers, die gleichen Jogginghosen, die gleiche, seltene Chanel-Tasche sowie den Lieblingshut meiner Freundin (den ich sowieso nie so prickelnd fand) – und zwar regelmäßig nachdem meine Freundin damit auf Instagram war. On top kam, dass die „böse“ Bloggerin anfing, auch noch an den gleichen Locations wie meine Freundin zu schießen, so dass auch die Hintergründe beider Profile ähnlich aussahen.
Warum meiner Freundin das alles etwas ausmacht? Weil die „böse“ Bloggerin eine blöde Kuh ist. Weil sie damit durch kommt und Geld verdient. Meine Freundin ist sauer, weil die „böse“ Bloggerin sich mit fremden Lorbeeren schmückt . Sich feiern lässt für einen neuen Style, frische Ideen und eine unbekümmerte Art mit Stilbrüchen umzugehen. Meine Freundin hat ihren Stolz, sie will nicht von der Falschen kopiert werden. Nicht von DER. Gerne von Gigi Hadid oder Carine Roitfeld oder Giovanna Battaglia – aber nicht von der cheapen Nummer….
Die Modefirmen, die die „böse“ Bloggerin buchen, werden ihre Gründe dafür haben. Vielleicht liegt der Erfolg dieser Kopiererin garnicht an ihrem fashionablen Look. Vielleicht liegt er ja an ihrer eigenwilligen Figur. Und diesem, DIESEM (!) Dekolleté. An der krassen Tätowierung. Oder an ihrem unglaublichen Make-up, alles eher in einer sozialen Schicht beheimatet, in der man sich die gezeigten Luxus-Produkte eher weniger leisten kann. Vielleicht folgen ihr deshalb soviele Girls, weil sie denken, schau, eine von uns, die hat es geschafft, die lebt MEIN Leben.
Ich traf die „böse“ Bloggerin diese Woche auf einem Pressetermin. Sie fiel mir zunächst garnicht auf. Ein McMädchen wie es sie zu tausenden gibt, klein und bemüht, nett, harmlos. Ich erkannte sie an besagter Chanel-Tasche – sprach sie an, lenkte das Thema sanft auf meine Freundin. Da leuchteten die Augen des kleinen Blogger-Mädchens. „M.“ schwärmte sie, das ist mein großes Vorbild. Ich finde sie soooo toll. Sie ist mein absolutes Idol. Ihr Style inspiriert mich so sehr!
Sei beim nächsten Treffen nett zur „bösen“ Bloggerin, riet ich meiner Freundin. Sie ist Dein Fan. Begegne ihr mit Souveränität. Mach ihr ein Kompliment, sie wird Dich noch mehr lieben!
Nachsicht! „Kopieren“ wir nicht alle von anderen?! Ich zum Beispiel durchforste die Instagram Profile meiner Heldinnen oder die Modeproduktionen meiner Lieblingszeitschriften, der französischen, der amerikanischen und der japanischen Vogue. Früher ließ ich die Top-Looks für unser Heft direkt nachstylen, heute mache ich das für unseren Blog. Who cares?
Die Branche braucht neue Trends, und Trends können nur entstehen wenn MEHRERE das gleiche tragen. Jönne könne!
So TRUE! Jeder hat seine Vorbilder oder lässt sich Inspirieren. -es ist auch gut so-
Happy DAY- xo Tanja