Überhaupt: Krankheit ist eine Erfindung der Kommunisten, sie hält die Leute von der Arbeit ab. Behauptete ein mir bekannter Ober-Kapitalist – aber das ist natürlich Humbuk, obwohl….
…ich war als junge Redakteurin auch genervt von Kollegen, die Montags und Freitags ständig sterbenskrank im Bett blieben, während man sich selbst mit dicker Birne noch durch den Büro-Tag quälte. Und als junge Chefin war ich manchmal ungerecht gegenüber Mitarbeiterinnen, die mehrmals im Jahr wegen Kinkerlitzchen, wie ich meinte, ausfielen. Krankheit, habe ich gelernt, ist etwas sehr subjektives, der eine muss sich schon mit einem Schnüpfchen hinlegen, der andere gibt trotz Lungenentzündung seine Texte ab. Das eine ist nicht besser oder edler als das andere – beide haben Recht.
Was mich betrifft, so hüte ich eher ungern das Bett, und so bagatellisierte ich mir durch geschickte Suggestiv-Fragen beim Arzt eine Kleine-Sache-in-der Mittags-Pause zurecht, die in Wahrheit keine war.
Lektion 1: Ich werde künftig besser zuhören, vor allem meinem Arzt. Und nicht Befund, Dauer der OP, Ort der OP sowie Heilungsverlauf selbst bestimmen.
Kurzum: ich lag am zweiten Adventswochenende im Bett. Nicht krank, aber immerhin so geschwächt, dass ich viel schlief und mir das Aufstehen Mühe bereitete.
Jetzt liegen Sie mal am zweiten Adventswochenende im Bett! Das ist die Höchststrafe. Verdammt zum Nichtstun, während die anderen a) Geschenke kaufen oder zumindest danach suchen b) Noch mehr Geschenke kaufen, und zwar für den erweiterten Kreis, also für Freunde, Patenkinder, Mitarbeiter, dienstbare Boten c) Im Brenner sitzen und lunchen d) In Kitzbühel sitzen und am Bärenbad skifahren e) Geburtstag feiern im Blitz Club f) Sven Väth hören im Blitz Club g) Auf dem Christkindlmarkt am China Turm ordentlich schnapseln h) Winterreifen endlich wechseln i) Rotweinvorräte auffüllen j) Alte Winterjacken zum Second Hand bringen……
Ja, am 2. Adventswochenende hat keiner Zeit …. auch nicht die Familienmitglieder, die geschäftig ausflogen, und mich alleine ließen und so lag ich nun einsam in meiner Bude…
…und dachte über das Leben nach…
…und es war herrlich.
Es ist sooo angenehm mal komplett allein daheim zu sein. Keiner, der was will, was fragt, was erledigt haben will. Diese Ruhe! Keiner brüllt ins Telefon, oder stampft laut durch die Diele, hört grauenvollen Deutsch-Rap oder klappert so lange ostentativ mit den Pfandflaschen, bis man ihn erlöst von seiner Pflicht.
Man ist komplett selbstbestimmt, ja, ich konnte machen, was ICH will. Fernsehprogramm alleine entscheiden und die ganze Zeit zwischen dem Bayern-Spiel und Dortmund ohne Protestgeschrei hin und her switchen (wir sind SKY Abonnenten). Die guten Nougat-Pralinen aus der Lindt-Schachtel zuerst essen. Mir meinen Lieblingstee „Gunpowder““ aufbrühen, ohne dass einer nörgelt, weil er lieber „Puka Love“ hätte. Zwei Stunden lang Tageszeitungen lesen ohne Dazwischengequatsche oder wo hast Du denn den München-Teil, Frühstück erst um 10, zweites Frühstück um 12, überhaupt den ganzen Tag Frühstück, Breze, Semmel, Breze, und nicht schon wieder was kochen wir heute Abend, ja nichts, denn Mutti ist krank!
Mutti ist krank, da bleibt die Küche kalt und gekocht wird bei Lieferando, Pizza aus der Schachtel, jawohl, geviertelt aus der Schachtel, und aus der Hand gegessen…und das ist wie in alten Stundentenzeiten…herrlich und entspannt.
Und am Sonntag, wenn sich die Truppe bei leisem Schneefall zum Englischen Garten auf macht auf Würstel und Kinderpunsch, keine Spur von Traurigkeit, denn: Phoenix! Presseclub, Unter den Linden, Phoenix Runde….. alles schön auf Mediathek gespeichert und auf Abruf bereit, stundenlanger politischer Talk, und viel zu schnell kommt die Family wieder nach Hause, was, es dämmert ja schon, und Kuchen habt ihr auch mit gebracht, wie süß…. und man freut sich wieder so richtig, ist relaxed und allerbester Laune, weil….man WIRKLICH Ruhe hatte.
Epilog: Und den Montag nutzt man fürs Homeshopping! Ich habe ALLE Geschenke beinander und ausgesucht und bestellt und nein, da sind auch kreative und liebevolle Sachen dabei und ich bin immer noch entspannt…und die Welt da draußen ist gestresst, sagt mein Mann….
P.P.S.: und die Arbeit im Büro erledige ich mit doppeltem Schwung….wenn ich wieder soweit bin!
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